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Von “Helfen, wo andere wegschauen” (Slogan der Gefährdetenhilfe Wegzeichen) zum missionalen Appell von der Bühne, von der Tischgemeinschaft mit vormals Kriminellen zum Aufruf, sich anderen zu öffnen und sich zu ihnen senden zu lassen. Für mich war es so gesehen eine äußerst interessante Reise von Enzklösterle nach Mainz, von der missionalen Praxis zur missionalen Theorie. Auf jeden Fall bin ich sehr froh, dass es auch in Deutschland immer mehr Menschen gibt, die die Zeichen der Zeit erkennen und auf der Suche nach Inspiration sind, wie Gemeinde in Zukunft aussehen kann. Denn auch in Deutschland wird die Kirche bis auf kleinen Rest aussterben.

Für mich persönlich war das Treffen in der Gonsenheimer EnChristo-Gemeinde aber auch eine Art interkulturelle Erfahrung: Mit großem Interesse beobachtete ich nämlich, wie Inhalte, die wir bei H2O seit Jahren vor allem mit Nichtdeutschen diskutieren, bearbeiten und umzusetzen versuchen, nun von deutschen Landsleuten auf deutschem Boden aufgenommen und diskutiert werden. Die Sprache der Vorträge war zwar Englisch aufgrund der drei Hauptredner Alan und Debra Hirsch sowie Michael Frost, aber immerhin fanden im Anschluss viele, viele deutsche Diskussionen statt. Und das ist gut.

Allerdings kam es mir als mittlerweile Exildeutscher ein wenig so vor – und ich mag damit völlig, völlig daneben liegen! – dass Deutschland theologisch gesehen ein gewisses Inseldasein führt, ein wenig ignorant oder losgelöst von all den theologischen Entwicklungen in der Welt. Damit meine ich weniger Begriffe wie “missional” etc., sondern die generelle Missionsentwicklung in der Welt. Es ist  eine Tatsache, dass der Körper Jesu vor allem in der nichtwestlichen Welt wächst – das bringt mit sich, dass in diesen Ländern auch kompetente Theologen auftauchen, die die Bibel von ihrem Kontext aus auslegen und durchaus etwas zu sagen haben. Oft sind das Dinge, die die westliche Theologie kaum gesehen oder betont hat. Nicht selten wird betont, dass der Glaube keine versteckte Privattheorie bleiben darf sondern konkrete Auswirkungen mit sich führen muss. In Deutschland hingegen kommen neue Entwicklungen nur schleppend an, vielleicht scheint man zu meinen, im Land von Barth und Luther sei alles schön in Butter. Ich persönlich finde die Auseinandersetzung mit südlichen Theologien oder missionalem Gemeindebau jedenfalls als äußerst bereichernd und denke, es täte westlichen (deutschen?) Christen sehr gut, mehr über den eigenen Tellerrand hinwegzusehen. Auch, wenn man längst nicht allem zustimmen mag, so hilft es doch, sich weiterzuentwickeln. Aber das ist nur eine kleine Nebenbeobachtung.

Für mich war diese Novavox-Konferenz vor allem das, wofür ich ursprünglich auch gekommen bin: Eine wunderbare Gelegenheit, mit meinen Freunden von der ”City Church München” als auch von ”Haus Berlin – Kirche mittendrin” zusammenzusein, mehr aus deren Gemeinden zu erfahren,sich besser kennenzulernen, zu reden und diskutieren. Darüberhinaus trifft man natürlich auch immer eine Menge alter und neuer Freunde.

Nun, während ich dies tippe, reise ich die letzte Etappe, Öresundzug von Kopenhagen nach Göteborg. Trotz langer Umsteigezeit in Köln reichte es leider nicht für einen Abstecher in meine alte Heimat Gummersbach. Ich liebe Bahnfahren trotz aller unverschämten Verspätungen; macht man doch immer wieder äußerst interessante Reiseerfahrungen. Nicht nur, dass ich diesmal mein Handy zu Hause vergessen hatte und ”klassisch” reisen musste – so ganz ohne jegliche Erreichbarkeit. Auf dem Hinweg war da auch dieser dicke Däne im Nachtzug, der im Dunkeln das Abteil vollfurzte. Oder der deutsche Schaffner, den ich bat, über sein Handy eine kurze Mitteilung hinterlassen zu dürfen, und der sich nicht ”nein” sagen traute und wohl auf keine überzeugendere Ausrede kam, als dass soeben das ganze Mobilnetz zusammengebrochen sei. Die ältere Mainzerin, die mir nicht sagt, wo die richtige Bushaltestelle ist, sondern mich persönlich mit ihrem Wagen bis zu meinem Ziel fährt. Der Mond, der gespenstisch hinter dem Kölner Dom herzieht und die Humta-täterä-Kapelle, die am Rheinufer die ganze Stimmung versaut. Der buchstäbliche Höhepunkt war aber zweifelsohne die beiden jungen Leute, die alle Freiheit verspürten, während meines Heimweges einen spontanen One-Night-Stand im Liegewagen hinzulegen, ganz oben, gleich auf meiner Liege gegenüber. Von Sex in der Flugzeugtoilette hatte ich ja schon gehört, aber da kann man ja auch abschließen. Sex im sechs-Bett-Liegewagenabteil in Gegenwart unbekannter Mitreisender war mir ehrlich gesagt neu. Immerhin waren sie leise. Das ist die Welt, die Gott so sehr liebt, dass er seinen Sohn gab.

Gleich werde ich dann wieder zu Hause sein – gerade rechtzeitig zum festlichen Thanksgiving-Fest bei H2O. Ich für meinen Teil hab viel zum Danke sagen.

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marcusis@icloud.com

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