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“Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen – woher kommt mir Hilfe?” Ein uraltes, brandaktuelles Gebet aus Psalm 121.

Manchmal hat man Offenbarungsaugenblicke. Wo Schuppen aus den Augen fallen und plötzlich alles klar wird, was man schon lange zu wissen dachte. Heute vor einer Woche war mir ein solches Erlebnis vergönnt. Vor Beginn unseres Teamtreffens hatte ich eins unserer CA-Projekte in Frankreich besucht; eine Arbeit, die sich auf das Zentrum einer mittelgroßen Stadt konzentriert, welches stark von nordafrikanischen Einwanderern bevölkert ist.

Wir sprachen über die orientalische Hochzeit, die eine Woche vorher gefeiert wurde. Über Kulturen und Kulturunterschiede. Mit am Tisch saß eine Person von der anderen Seite des Mittelmeeres, welche nun zu Jesus gefunden hat. Alle waren auch sehr neugierig, wie es in Schweden ist, wie man Gemeinde ganz dort oben im Norden baut. Ich erzählte von der Schönheit des Landes, aber auch von der Geduld, die man braucht, um Beziehungen zu neuen Einheimischen aufzubauen. Und ich äußerte meine Überraschung über die Beobachtung, dass selbst die ganzen Einwanderer, von denen man kulturell viel mehr sozialen Umgang erwarten würde, sehr bald die skandinavische Weise des zurückgezogenen Lebens nachmachen, und das sogar erstaunlich gut. Darauf kam die Reaktion meiner südfranzösischen Freunde, die wie ein prophetischer Blitz bei mir einschlug.

Ich sollte nicht meinen, dass alles Gemeinschaft sei, was wie Gemeinschaft aussieht. Gewiss, wenn ein besonderes Ereignis wie eine Hochzeit ansteht, dann helfe man sich viel aus und unterstütze sich gegenseitig. Doch Hochzeiten feiere man nicht jede Woche. Der Rest des Alltages ist von Zerbruch, Unsicherheit und Vereinsamung geprägt. Viel zu viele durchlebten jeden Tag in innerer Einsamkeit und wüssten nicht, die Berge des Lebens zu bewältigen. Es sei also kein “imitieren”, wenn solche Menschen nach Schweden kommen. Das skandinavische System biete nur ein perfektes Milieu, um das auszuleben, was ohnehin da ist.

Das ist es. Seit dem Sündenfall sind wir verdammt in alle Einsamkeit, losgelöst von Gott, abgekoppelt von unseren Mitmenschen. Mit unseren Gedanken und Gefühlen müssen wir alleine fertig werden, niemand kann das für uns tun. Die Unterschrift auf lebensverädernden Dokumenten können wir nur ganz alleine setzen. Wieviele Ehen und Partnerschaften stolpern und scheitern, weil an den Partner die unausgesprochene Erwartung gestellt wird, die eigene Seele von jener Einsamkeit zu erlösen? Kein Mensch kann das leisten. Ständige Enttäuschung wird die einzige Frucht dieser Erwartung sein.

Es ist furchtbar und deprimierend, widrig und fatal. Die Angst vor Einsamkeit lässt Alkohol in Strömen fließen, treibt Menschen in Kriege und rauschende Orgasmen, lässt die größten Wirtschaftszweige florieren.

Doch es ist nicht völlig hoffnungslos. Es gibt diesen einen, einzigen Schimmer und nur den: Gott, der uns in der Einsamkeit begegnet. Er ist der einzige, dem es möglich ist, uns dort treffen, wo kein anderes Wesen hin kann: In der tiefsten Kelleretage unseres Herzens, wo unsere Seele sich schützend, allein und einsam versteckt hält. Das ist Advent: Das Hoffen und Bangen, dass der gute Gott irgendwann in unserem Verlies auftauchen möge und es, beginnend mit einer einzigen schwachen Kerze, anfängt auszuleuchten.

Wenn ein Seelenverlies mit dem Geist Gottes erfüllt wird, wird die Seele bis zum eigenen Tod wohl nicht umziehen wollen. Doch das Verlies wird mit und mit zur Wohnung. Und der Aufgang nach außen wird Stück für Stück freigeräumt werden, um erst nur ab und zu, später immer wieder sein Wahres Ich anderen zeigen zu können. Das ist wahre Gemeinschaft, die nur und einzig und allein Gottes Geist ermöglicht. In dieser Gemeinschaft kann man irgendwo in Frankreich an einem einfachen Holztisch sitzen, auf drei verschiedenen Sprachen reden und sich dennoch verstehen und als Einheit empfinden. Es ist ein Beweis dafür, dass Weihnachten eine dramatische Veränderung eingeleitet hat: Aus Verdammung wird Erlösung in alle Ewigkeit.

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marcusis@icloud.com

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