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Zwei besondere Ereignisse der letzten Wochen hatten mit ALT* zu tun. Das Grillfest zum Beispiel. Jeden Mai lade ich meine Göteborger Gruppe zum Grillen in unserem Garten ein. Weil ich weiß, dass vorleben effektiver als belehren ist. Als Vater hätte mir das schon längst klar sein sollen, doch als Missionar wurde mir diese Lektion erst brutal in den Schädel gehämmert und dann narkosefrei auf den Pelz gebrannt. Ein Funke Heuchelei, und das ganze Depot der Glaubwürdigkeit explodiert. Wenn ich also Offenheit, Transparenz oder Gastfreundschaft lehre, muss ich das mit mehr belegen können als einer coolen PowerPoint-Präsentation.

Um ein Haar hätte Grillfest V. anno 2019 aber nie stattgefunden. Denn erstmals in ALTs Geschichte hatten drei Stundenpläne völlig unbemerkt kollidiert. Meine Einladung, schon im Januar ausgesprochen, hatte ich kurzfristig wieder absagen müssen. Natürlich rechnete ich mit dem typisch schwedisch-freundlichem Verständnis der jungen Leute. Doch da hatte der Wirt die Rechnung ohne die Gäste gemacht. Der Protest war riesig und laut! Doch, ich konnte es kaum glauben, war da jenes Gefühl, als ginge es den Schülern um etwas ganz anderes, um viel mehr als nur ein paar Stunden kein Business as usual im Klassenzimmer. Es ging ihnen um Leben, um Beziehung – scheinbar ist jenes Grillfest, das ich höchst freiwillig und ganz auf meine eigenen Kosten anbiete, ein viel, viel größeres und wichtigeres Gesprächsthema, wenn die Studenten unter sich sind, als mir das überhaupt bewusst ist. Das Gefühl bestätigte sich, als sich ein Foto aus meinem Garten mit herzerwärmenden Text auf dem offiziellen ALT-Instagramkonto fand.

Die Antwort erhielt ich auf dem zweiten der beiden Ereignisse. Vor drei Tagen, dem letzten Semestertag mit feierlicher Verabschiedung der Absolventen. Diese hatten erstmals eine ganze Broschüre über ihre vier Jahre mit und bei ALT drucken lassen, mit Fotos, kurzen Aufsätzen, persönlichen Berichten, und zum Schluss noch ein paar handschriftliche Grüße von jedem. Vorgestern, am Feiertag, hatte ich Zeit, die Broschüre zu lesen. Und saß hinterher weinend auf dem Sofa.

Selten kommt es vor, dass man sich als Missionar in Skandinavien wichtig und gebraucht gefühlt. Vor über zehn Jahren sagte mir ein alter amerikanischer Missionar, dass Schweden ein Missionarsfriedhof sei, nur sehr wenige würden hier lange durchhalten. Und ja, er hatte Recht. Doch die Tatsache, dass er selbst nach fast 40 Jahren noch im Lande war und zweitens hier in Ruhestand gehen wollte und nicht in seinem Heimatland, hatte mich angespornt, ein ebenso treues Vorbild zu werden, das andere anspornt.

Und nun steht dort, welche Spuren ein deutscher Missionar bei jungen Leuten hinterlassen hat, die ausgesandt wurden, um die Welt zu verändern. Manches kann ich gar nicht fassen, doch es freut mich ungemein. Und fast alle erzählen Geschichten über die persönliche Bedeutung der Grillfeste.

Es sind Momente, in denen Gott mich erinnert, dass das Reich Gottes schon hier ist, wie Jesus es gesagt hat. Wir brauchen es nicht mehr “bauen”. Wir brauchen es nur zu leben, als treue Bilder, die eine andere Wirklichkeit zeigen. Dann wird jenes Reich nicht von dieser Welt in dieser Welt sichtbar. Manchmal an Stellen, wo man es am wenigsten vermutet hätte.

Doch jedes Hindurchschimmern dieses prächtigen Reiches ist mehr als eine Freudenträne wert. Bis zu jenem Tag, wenn es vollständig zu uns durchbrechen und jede Träne abgewischt werden wird.

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* ALT = Akademi för Ledarskap och Teologi, Schwedens wahrscheinlich größte Hochschule zur Pastorenausbildung mit rund 180 Studenten. Wegen der Geografie und Demografie des Landes ist ALT auf sechs Studiencenter im ganzen Land verteilt. 2009 hatte ich beim Vorläufer SALT überraschend eine kleine Teilzeitanstellung im Studiencenter Göteborg angeboten bekommen, die ich bis heute ausübe.

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marcusis@icloud.com

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