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Als Notre Dame in Flammen stand, war das Entsetzen groß: Schrecken, Spenden, Sondersendungen. Politiker versprachen, das “Kulturerbe” so schnell und schön wie möglich wieder aufzubauen.

Seit der Regenwald in Flammen steht, ist das Entsetzen recht überschaubar. Es ist ja keine Kirche! Nur ein Wald, und sehr weit weg. Eine von diesen Nachrichten halt. Keine Spezialsendungen, die genauestens zu beleuchten versuchen, was die Ursache dahinter sein könnte. Keine Spendenkonten.

Dabei haben wir doch alle schon in der Schule gelernt, wie wichtig der Regenwald für die Nordhalbkugel ist – und damit für uns und unsere Kinder, unsere Enkel. Wir alle wissen auch, dass Lungen abfackeln einen frühen Tod beschert. Dennoch kriegt unser Hirn die einfache Mathematik nicht hin, um eins und eins zusammenzuzählen.

Eine abgebrannte Kathedrale ist sicher tragisch, ihre verkohlten Ruinen mögen nicht schön sein, es ist sehr schade um alle Kunstschätze, wirklich, doch die existenzielle Bedrohung, die von einem im Feuer zerstörten Gotteshaus für ganze Generationen ausgeht, ist exakt nullkommanichts.

Wenn uns Paulus obendrein erinnert, dass unser Körper ein Tempel des Heiligen Geistes ist, so sagt er, dass unser Lebenswandel mit seinen alltäglichen Entscheidungen viel, viel wichtiger ist als schmucke Gemeindehäuser. Der Heilige Geist in unseren Herzen ist wie ein Röntgenauge, er lässt und ließ uns seit Jahrtausenden weiter, tiefer, eindringlicher sehen, buchstäblich durchschauen wir die Fassaden und Inszenierungen der Welt, die uns immer gerne einen vormachen will. Der Heilige Geist durchschaut Kaiser, König, Kardinäle. Und wir, einerseits gemeines Volk, andererseits hochgeehrte, würdevolle Besitzer des Gottesgeistes, wir repräsentieren den Schöpfer, wir ehren unseren Macher, Erlöser und Erhalter. Wir tun dies vor allem mit unserem Alltag, mit der Summe aller profanen Beschlüsse und Routinen, Worte und Handlungen. Mit unserem ganzen Leben also, rund um die Uhr.

Oder eben auch nicht.

Der wahre Grund jener lebensgefährlichen Feuer Südamerikas sind vor Gier verkohlte Herzen. Agrarkonzerne wollen immer mehr Geld verdienen und fördern daher gewisse Präsidenten als ihre Marionetten. Sehr viel Geld verdienen sie mit Fleisch. Doch Fleisch braucht Futter, genau gesagt 16kg pro Kilo Steak. Um den steigenden Futterbedarf decken zu können, braucht es mehr Landflächen. Die Lunge der Welt wird brandgerodet zum Zwecke blutiger Steaks auf unseren Grills. Denn wir sind diejenigen, die es kaufen, es ist unser Geld, ja, das die Gier nährt und die Flammen lodern lässt. Es ist unsere eigene Lust nach Holzkohle und Barbecues. Die Verhältnismäßigkeit zwischen den vollen Kosten und dem Nutzen einer Grillparty kann ich nicht mehr finden.

Man kann es sich natürlich schönreden und erwidern, dass es sooo simpel ja nun auch wieder nicht sei. Man selbst kaufe schließlich nur lokalproduzierte Wurst. Richtig, nichts ist so simpel. Doch man kann sich nicht schönreden, dass die EU der zweitgrößte Fleischimporteur Brasiliens ist: 120.000 Tonnen Rindfleisch jährlich, Tendenz steigend. Das macht knapp zwei Milliarden kg Futter, um jene gen EU verschifften toten Rinder schlachtreif zu kriegen, Tendenz steigend, unn dat Zoich muss ja irgendwo wachsen. Das alles kann man sich nicht schönreden. Man kann sich höchstens Augen, Ohren und Mund zuhalten.

Wer heute noch unreduziert Fleisch- und Milchprodukte zu sich nimmt, fördert ein brachiales, extrem korruptes, globales System, mächtig und schlimm. Drückt dieser Lebensstil die Werte unseres Herrn aus? Das beste Druckmittel ist der Boykott ihrer Produkte. Jeder von uns hat neben dem Heiligen Geist auch dieses Druckmittel in der Hand. Wir sind freie Menschen, weder Mastgänse noch Zuchtvieh. Wir sind völlig frei zu wählen, was auf unseren Teller kommt und was nicht. Es braucht nicht mehr als offene Augen, offene Ohren und ein offenes Herz. Und ein Gebet: Ich glaube Herr, hilf meinem Unglauben! Und der Heilige Geist wird uns die Kraft zum Beten und Fasten geben, wie er es mit unseren Vätern und Müttern im Glauben über Jahrtausende tat.

Doch glaubt mir: Ich weiß, ich weiß sehr gut, wie schwer der Kampf zur Überwindung des inneren Bolsonaros sein kann. Gib niemals auf. Es gibt Hoffnung, irgendwann wieder frei atmen zu können.

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marcusis@icloud.com

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