Glaube und Impfung liegen einander näher, als man denkt.
Mit Impfverweigerung haben wir durchaus Erfahrung. 2009, die Schweinegrippe verbreitete sich gerade in der Welt, entschieden wir uns als Familie bewusst gegen eine Impfung. Hauptgrund war der große Gruppendruck in der ganzen Gesellschaft, von den Medien auf seltsame Weise gepusht. Das Ganze fühlte sich so merkwürdig an, dass uns der Verdacht beschlich, hier könnte vielleicht irgendwas nicht stimmen. Mit unserer Entscheidung handelten wir uns einiges Kopfschütteln ein, doch später zeigte sich, dass wir nicht völlig falsch lagen: Rund 500 Schweden, vor allem junge Menschen, erkrankten durch die Impfung unheilbar an der nichtafrikanischen Schlafkrankheit Narkolepsie.
Gute zehn Jahre später sind diese Erfahrungen kaum vergessen, und entsprechend groß ist derzeitig die schwedische Impfskepsis. Immer wieder hört man Vergleiche mit der Schweinegrippe. Natürlich war auch ich überzeugt, den neuen Impfstoff aus Sorge vor unbekannten Nebenwirkungen wieder zu verweigern. Doch die Auseinandersetzung mit den Erfahrungen aus der Schweinegrippe haben auch ihr Gutes: 2009 predigten die Medien vor allem ein schlechtes Gewissen und wir konnten uns allein auf unser Gefühl verlassen, jetzt wird wirklich informiert und unser Gefühl wird durch gute Kenntnis gestützt. Entsprechend habe ich meine skeptische Meinung ändern müssen und werde mich nun mit Überzeugung impfen lassen, sobald ich an der Reihe bin. Warum?
Erstens handelt es sich beim RNA-Impfstoff gegen Covid-19 um einen völlig anderen Typ als bei der Schweinegrippe. Krankheiten wie z.B. Narkolepsie können nicht ausgelöst werden. Auch die Trägerstoffe sind grundsätzlich ungefährlich.
Zweitens – und dieses Argument hat mich wohl am meisten überzeugt – sind bis zur Zulassung eines Impfstoffes alle vorgeschriebenen Prüfungen und Studien durchgeführt worden, das heißt man kennt alle üblichen und seltenen Nebenwirkungen. Was man zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht kennt, sind die sehr seltenen und sehr, sehr seltenen Nebenwirkungen. Hier handelt es sich allerdings um Wahrscheinlichkeiten von 1 : 1.ooo.ooo oder noch geringer. Im Vergleich zu andere Gefahren ist das ziemlich sicher (es ist z.B. wahrscheinlicher, zu ertrinken, zu ersticken, tödlich vom Fahrrad oder der Leiter zu fallen oder an Covid-19 zu sterben).
Drittens wurde selten ein Medikament weltweit so viel verabreicht und dabei so genau beobachtet wie die Covid-19-Impfstoffe. Bis zum gestrigen Tag (das war der 13. Januar, für die aktuellen Zahlen auf’s Bild klicken) wurden fast 35 Millionen Impfungen weltweit durchgeführt.
Mittlerweile sind deshalb auch die sehr seltenen Nebenwirkungen bekannt: Allergische Überreaktionen bei wenigen Personen, die aber alle, wenn es überhaupt zu dieser Reaktion kommt, auch sonst z.B. auf Impfungen allergisch reagieren können. Diese Nebenreaktion kann schnell und einfach behandelt werden.
Was wir immer noch nicht wissen, sind mögliche sehr, sehr seltene Nebenwirkungen. Dazu müssen vielleicht erst 100 Millionen weltweit geimpft werden. Und wie es aussieht, scheinen mögliche Langzeitfolgen, falls die überhaupt auftreten können, in diese Kategorie zu gehören. Mathematisch ist die Wahrscheinlichkeit wohl ebenso hoch, von einer Amokkugel und vom Blitz gleichzeitig getroffen zu werden. Und wenn es wirklich so schlimm kommen sollte, dann soll es auch vielleicht so sein.
Mein Fazit ist also, wie meistens, ein rechnerisches und geistliches Kalkül: Die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu sterben, ist deutlich höher als die Wahrscheinlichkeit, Nebenwirkungen zu erleiden. Die Wahrscheinlichkeit, an Longcovid zu erkranken, ist nochmals sehr viel höher. Die Wahrscheinlichkeit, das andere durch mich an Longcovid erkranken oder Covid-19 sterben, vervielfacht sich nochmals abhängig vom R-Wert. Mit anderen Worten: Der Nutzen einer Impfung ist für mich selbst und die Gesellschaft um mich herum sehr viel höher als mein persönliches Risiko. Damit gehört es zu meiner Christenpflicht, meinen Nächsten zu schützen, indem ich der Pandemie Grenzen setze, wo ich nur kann. Nächstenliebe war übrigens noch nie ohne Risiko, in diesem Fall ist es jedoch ein sehr geringes.