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Gedanken zu Ostern 2024

Der Herr ist auferstanden!
Er ist wahrhaftig auferstanden!

Dieser seltsame Ausruf, der sich ein bisschen so anfühlt, als könne man selbst nicht so recht glauben, was man da gerade sagt, dieser rätselhafte Ausruf war zunächst einfach nur die große Neuigkeit, die die Frauen am leeren Grab den anderen mitteilten, eine unglaubliche Information, eine Nachricht, eine buchstäblich unglaubliche Botschaft, die ihren Freunden und Verwandten mittgeteilt gehörte.

Im Laufe der Geschichte wurde der Ausruf schließlich zu einem Gruß, mit dem sich Christen gegenseitig begrüßten, vor allem am Ostertag, um sich an das Unglaubliche zu erinnern, daran, dass das Unmögliche doch noch geschehen war.

Zu seinen Lebzeiten hatte Jesus seine Jünger jahrelang auf pädagogische Weise gelehrt: Alles ist möglich für die, die glauben – auch das Unmögliche.

Er begann die Belehrung der Jünger damit, dass das Himmelreich nahe ist – dass man dieses Himmelreich aber nicht finden kann, wenn man immer nur in dieselbe Richtung schaut, wenn man weiter mit dem Strom schwimmt, wie es für viele üblich ist.

Das Himmelreich kann nur finden, wer es wagt, neu zu denken, umzudenken. Wenn man es wagt, sich umzudrehen, den Mut aufbringt, den Blick umzudrehen und in eine ganz andere Richtung zu gehen als bisher.

Nachdem Jesus dies erklärt hatte, ließ er Taten und Maßnahmen folgen. Jeder sollte erfahren, dass nichts undenkbar ist. Die erste Präsentation des Himmelreichs war vergleichsweise unspektakulär: Er verwandelte nur 600 Liter Wasser in Wein. Dennoch: die erste Unmöglichkeit.

Diese erste Lektion im Lehrplan Jesu zeigte, dass jenes Himmelreich eine Qualität hat, die alles übertrifft, was wir bisher gekostet haben. Es ist von wunderbarer Natur, ist Fülle und Überfluss, ist Genuss mit allen Sinnen ist rätselhaft und berauschend zugleich – wie der Tanz vor der Hochzeitsnacht.

Jesus setzte seine Lektionen mit weiteren Unmöglichkeiten fort. Kranke wurden geheilt. Blinde wurden sehend. Gelähmte tanzten.

Das Himmelreich war und ist kein Geheimnis. Es ist keine private Angelegenheit. Es war und ist öffentlich. Jeder, der will, kann die Auswirkungen des Himmelreichs sehen. Darüber hinaus betrafen all diese Lektionen vor allem solche Menschen, die sich hilflos fühlten und/oder Ausgrenzung erfuhren. Schwache, Kranke, Randgruppen.

Seine letzte Lektion über das Himmelreich gab Jesus kurz vor Karfreitag. Der todkranke Lazarus und seine Freunde und Familie stehen immer noch für die ultimative Hilflosigkeit: Sie konnten nichts mehr tun, Lazarus wurde immer schwächer und schwächer. Sie baten Jesus, zu kommen. Zu helfen. Ihn vielleicht sogar zu heilen. Um zumindest irgendetwas zu tun.

Aber Jesus kam weder, noch tat er etwas. Er blieb noch ein paar Tage, wo er war.

Lazaros Freunde und Familie konnten nur zusehen, wie die Krankheit von Tag zu Tag schlimmer und schlimmer wurde. Bis er starb und der Gestank der Verwesung übernahm – ebenso wie die Trauer, Verzweiflung, Bitterkeit und Hoffnungslosigkeit. Erst dann tauchte Jesus auf. Viel zu spät. Als alles vorbei war.

Erst dann erteilte er seine letzte Lektion über das Himmelreich: Es ist nie zu spät.

Denn das Himmelreich ist sogar stärker als der Tod. Auch wenn Menschen weiter sterben, wenn das Leiden weitergeht, wenn wir mit unserer Trauer weitermachen müssen. Jesus tat, was niemand erwarten konnte. Er ruft Lazarus zurück ins Leben.

Das war und ist keineswegs normal, sondern ein extrem außergewöhnliches Ereignis, sehr besonders, sehr selten. Sehr, sehr selten.

Die Nachricht von Lazarus verbreitete sich in der Stadt wie ein Lauffeuer. Es gab keine Möglichkeit, dies geheim zu halten. Bald wusste es jeder: Die Macht von Jesus ist offenbar stärker als der Tod selbst.

Zugleich war dies eine Warnung an alle, die sich für politisch mächtig hielten: Hört zu, Pharisäer! Öffne deine Ohren, Rom! Es gibt hier eine Macht, die ihr nicht habt! Eine Macht, die größer ist als alles, was ihr euch vorzustellen vermögt! Eine Macht, die die Hilflosen sieht! Ein Reich, das nur gefunden werden kann, wenn ihr euch umwendet und umseht.

Diese Botschaft wurde von den Machthabern durchaus gehört. “Glaubt er also, er sei stärker als der Tod? Das werden wir ja sehen. Lasst uns ihn töten.”

Zunächst schien der Plan zu funktionieren. Doch nur kurze Zeit später tönte es:

Jesus ist auferstanden. Er ist tatsächlich auferstanden.

Es mag anstrengend sein, doch es ist nichts falsch daran, sich wie Lazarus schwach, verletzlich und hilflos zu fühlen. Das macht es vielleicht ein bisschen leichter, die Osterbotschaft anzunehmen. Vielleicht brauchen gerade wir im Westen manchmal ein paar Erinnerungen an unsere Grenzen.

2020 war vielleicht das seltsamste Ostern, das unsere Generation je erlebt hat. Mit Corona und all seinen Folgen fühlte sich Ostern vor 4 Jahren seltsam an, mit den vielen Sorgen, der Traurigkeit, den existentiellen Ängsten. Gesunde Menschen, die plötzlich an einer bis dahin unbekannten Krankheit starben – Ostern 2020 fühlte sich eher wie ein ewiger Karfreitag an, der buchstäblich nie enden wollte.

Trotzdem haben wir auch damals Ostern gefeiert. Haben uns gegenseitig an die Hoffnung erinnert. Die Welt drehte sich weiter, die Zeit verging, der Kalender ging weiter. Wir hofften, dass das Leben bald wieder so wird, wie es vor der Pandemie war.

Ostern 2021 war die Pandemie aber noch nicht zu Ende. Vielleicht hatten die Menschen nur genug Zeit gehabt, sich etwas daran zu gewöhnen. Wir hofften weiterhin, dass dann aber Ostern 2022, nein, das ganze Jahr 2022 wieder normal verlaufen würden. Die Hoffnung hielt. Bis zum 24. Februar jedenfalls. Dann wurde die Ukraine überfallen. Viel Unverständnis, viel Sorge, viel Angst. Die Pandemie wurde durch einen Krieg ersetzt. Krieg in den Nachrichten, in Gesprächen, in Gedanken. Es könnte auch in Schweden Krieg geben, hören wir hier seitdem immer wieder.

Im Jahr darauf, am 7. Oktober 2023, bekamen wir noch einen Krieg, der nicht enden will: viel Leid, verhärtete Fronten, Taten, die in der Welt viele Emotionen und Meinungen wecken.

Hinzu kommt, dass die Menschheit in den Jahren 2021, 2022 und 2023 jedes Jahr neue Rekorde bei den weltweiten Treibhausgasemissionen aufgestellt hat. Es wird immer schwieriger, die Erwärmung bei 1,5° zu stoppen, was weltweites Leid in einem kaum vorstellbaren Ausmaß verursachen wird. Junge Menschen haben mit ihrer psychischen Gesundheit und Sinnlosigkeit zu kämpfen. Die Träume verschwinden. Viele beginnen, auch wieder zu glauben – aber nicht unbedingt an die Auferstehung oder an klassischen Religionen generell. Asatron ist im Norden auf dem Vormarsch, das ist der Glaube an die altnordischen Götter. Letztes Wochenende traf ich einen jungen Mann, der gerade ein ganzes Netzwerk von Leuten verlassen hatte, die an verschiedene Verschwörungsgeschichten glauben. Was er zu zu erzählen hatte, klang nicht sehr lustig, kann ich euch sagen.

Ich denke manchmal folgendermaßen:

Vielleicht ist es ja so, dass Lazarus nicht einfach nur irgendein Mensch ist, der zufällig zum Kreis der Leute gehörte, mit denen Jesus früher abhing. Ich überlege manchmal, ob Lazarus nicht nur irgendein kranker Mann ist, sondern als stehe Lazarus symbolisch für die gesamte Menschheit – ganz besonders heute in unserer Zeit. Eine Zeit, in der Jesus wie damals auf dem Weg zu seinem Ziel in Jerusalem ist. Er ist kurz davor, am Ziel anzukommen.

Viele bitten ihn, schnell zu kommen, beten und rufen nach ihm, “Jesus, komm bald! Wir brauchen dringend deine Hilfe! Der Mensch ist krank! Angesteckt von einer unheilbaren Krankheit!”

Aber Jesus kommt nicht. Lässt sich Zeit. Die Krankheit breitet sich weiter aus.

Vielleicht denken wir so, wie Martha zu Jesus sagte: Herr, wenn du hier gewesen wärst, dann wäre das alles nicht passiert!

Worauf Jesus antwortet: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und wer lebt und an mich glaubt, wird niemals sterben. Darauf macht er Lazarus wieder lebendig. All dies scheint Teil seiner großen Pädagogik zu sein: Dass Jesus selbst das Leben ist. Dass das Leben stärker ist als der Tod, viel stärker, auch wenn wir aus unserer Perspektive genau das Gegenteil erleben. Menschen werden krank und sterben. Unfälle und Katastrophen passieren, Leid greift um sich.

Gerade deshalb ist es so unglaublich wichtig, Ostern zu feiern.

Weil wir daran erinnert werden müssen, dass Jesus das Leben ist – und nicht die zahllosen Mächte in der Welt, die nicht selten den Tod repräsentieren. Sie bauen ihre Macht mit hinterhältiger und zerstörerischer Rhetorik auf, sie drohen, sie greifen an. Sie kümmern sich nicht um den hilflosen Menschen.

Jesus ist das Gegenteil. Er mag spät dran sein, doch er richtet die Schwachen und Kranken auf. Er erweckt sogar die Toten wieder zum Leben. Er selbst ist gestorben. Doch der Tod war viel zu schwach für ihn, Er konnte ihn nicht einmal 48 Stunden lang halten, da war Jesus schon wieder auferstanden.

Jesus ist Leben. Das müssen wir feiern. Nach den 40 Tagen Fastenzeit ist die Freude am Leben ganz besonders wichtig. Haben wir dieses Ostern schon getanzt? Haben wir uns gefreut? NT Wright sagt, dass jeder Mann, jede Frau, jedes Kind, jeder Hund, jede Katze und jede Maus lernen sollte, ein Halleluja zu tanzen, festliche Beleuchtung anzuschalten, mit Sekt oder etwas anderem anzustoßen, die ganze Woche frei zu nehmen und mit Essen und Musik zu feiern, wie bei einer orientalischen Hochzeit. Wir sollten spielen, Spaß haben und lieben. Ostern ist der Duft des Lebens, der den Geruch des Todes vertreibt. Ostern sollte das sein, worauf sich jeder freut – besonders in Zeiten wie diesen, in denen es so viel zu befürchten gibt.

Wie können wir alle besser darin werden, Ostern wie eine Hochzeit zu feiern? Ostern ist so viel mehr wie eine Hochzeit. Ostern bedeutet, dass Jesus die Auferstehung und das Leben ist. Wer an ihn glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und wer lebt und an ihn glaubt, wird nie und nimmer sterben. Er ist auferstanden. Er ist wirklich auferstanden.

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marcusis@icloud.com

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