(Foto oben: Der perfekte Fußballplatz? Ebbe zwischen den Inseln Mainland und Brough of Birslay auf den Orkneys.)
(Grüne Hoffnung VII)
Neulich traf ich einen schwedischen Profifußballtrainer. Erst saß er nur still an meinem Tisch und folgte aufmerksam der Unterhaltung. Später taute er auf. Was er zu sagen hatte, beeindruckte mich. Er war frustriert über die Qualität des schwedischen Fußballs, und das Problem lag seiner Meinung nach im Training, weil es von klein auf nur nach Schemas und Standards funktioniere. “Kaum ein Spieler ist in seinem Leben mal auf einen Baum geklettert. Auf Bäume klettern ist enorm lehrreich! Für die Bewegungsabläufe, die Koordination, das Abwägen und die Risikoeinschätzung, den Mut. Jeder Baum ist anders und gibt sein eigenes Erfolgserlebnis. Doch was einmal selbstverständlich war, ist heute eine Ausnahme.” Heute müsse man “effektiv” sein und folge deshalb Schema F, da hätten Bäume keinen Platz. Am Ende erreiche man aber genau das Gegenteil vom Angestrebten: Mental steife Langeweiler.
Noch ein interessantes Beispiel sprudelte aus ihm heraus: “Die Spieler spielen von klein auf nur auf Rasenplätzen. Wir müssten viel öfter Fußball spielen, wo es uneben ist, vielleicht sogar viele größere Steine herumliegen. Da muss man erstens viel genauer aufpassen, wie man läuft und wo man hintritt, und zweitens kann keiner voraussagen, in welche Richtung der Ball abprallt. Alle Spieler müssen sich immer wieder in Windeseile auf unvorhergesehene Situationen umstellen und ihr Spiel entsprechend anpassen. Genau das haben wir alle verlernt.”
Das ergab eine Menge Sinn für mich. Wer regelmäßig Dehnübungen macht, hält seinen Körper elastisch, und dasselbe gilt für unser Denken: Wer den Geist regelmäßig bis zur Schmerzgrenze streckt, denkt flexibler. Doch irgendwie scheint gerade die westliche Gesellschaft, in der so vieles über so viele Jahrzehnte so glatt ging, trotz unseres Bildungsniveaus an massiver Hirnsehnenverkürzung zu leiden, was uns in Anbetracht der Weltlage in einen echten Teufelskreis führt. Die irische Psychologin und Oxford-Professorin Elaine Fox hat genau das erforscht. Sie hat noch viel mehr Vorschläge zur Wiedererlangung und Erhaltung der geistigen Flexibilität. Ein ganzes Buch hat sie dazu geschrieben (jetzt auch auf deutsch erhältlich).
Doch man muss es gar nicht kompliziert sehen. Jesus nachzufolgen sollte völlig ausreichen. Die zwölf Jünger wussten morgens zum Beispiel nie, was der Tag für sie bereit hielt, welche Umwege Jesus heute nehmen würde und wo sie abends sein würden. Eine Sache, die Jesus nämlich ganz besonders gerne macht, ist unser Vertrauen stärken. Vertrauen ist dasselbe wie Glaube, und der ist ihm sehr, sehr wichtig. Dazu führt er uns immer wieder gern aus unseren Komfortzonen heraus, wo wir alles unter Kontrolle zu haben meinen. Doch nach so vielen Jahrzehnten des Wohlstandes meinen leider viele Christen heute, Christus habe uns zu folgen – nicht wir ihm. Das führt natürlich nur zu Stress, wenn weder Jesus noch das Leben nach unserer Pfeife tanzt.. Ein bewährtes Heilmittel wäre da die tägliche Umkehr, übrigens auch eine Art mentaler Flexibilität. Wie ein Hund, der sich umschaut, wo Herrchen denn jetzt schon wieder abgebogen ist, um ihm dann aufs Neue hinterher zu springen.
Mir jedenfalls kamen alle solche Gedanken nach der beeindruckend genialen und alles revolutionierenden Entscheidung, meine Gemüsebeete doch einfach auf die andere Seite des Hauses umzuziehen, wo halt nicht gebuddelt wurde. Total kreative und superprogressive Idee, ich weiß, ich musste mir selber auf die Schulter klopfen, als ich da nach wochenlangem Grübeln ganz von alleine draufgekommen bin… Die besten flexiblen Ideen beim Umdenken sind eben manchmal die unscheinbarsten.