Auf dem letzten Halbmarathon, den ich laufen konnte, kamen in regelmäßigen Abständen beschilderte Stationen mit folgender großen Aufschrift: “Gib auf. Hier. Wir fahren dich kostenlos zum Ziel.” Das waren Taxiunternehmen, welche Absprachen mit dem Marathonveranstalter hatten, dass alle Läufer, die nicht mehr können oder wollen, kostenlos zurückgefahren werden. Das Leben ist auch ein Marathon, der Training und Disziplin erfordert. Oft genug kommen wir an Stationen vorbei, an denen man aufgeben möchte. Doch sitzt man erst mal im Taxi, geht es einem selten besser – wäre es nicht viel schöner gewesen, das Ziel auf eigenen Beinen zu erreichen?
Die letzten Monate waren eine beachtliche Steigung auf meinem Lebensmarathon. Viele Menschen, viele Eindrücke, viele Reisen, viel Information, viel Organisatorisches, viele Erwartungen, viele Herausforderungen, viel Unterschiedliches. Manchmal ist es mehr, als mein Hirn eigentlich verarbeiten kann. Luther sagte: “Wer viel arbeitet, muss viel beten.” Mein Heilmittel ist in solchen Lagen die Bibel. Wenn ich viel arbeite, muss ich viel Bibel lesen. Warum? Vier Gründe, warum die Bibel mir hilft, mein Leben in Balance zu halten.
Erstens: Bibellesen senkt die Drehzahl.
Es reicht nicht, den Vers des Tages oder die Losungen zu lesen. Das geht viel zu schnell und “effektiv”. Es muss mindestens ein ganzes Kapitel sein, ein ganzer Psalm oder sogar ein ganzes Buch. Kurze Psalme kann man mehrmals lesen und immer wieder rezitieren. Diese Übung ist konträr zur Hektik unseres Altages, und genau deshalb ist sie so wichtig. Wir brauchen regelmäßige Pausen zum Herunterfahren, nur ein Kaffee hilft zu wenig. Die Pausen müssen einen echten Kontrast bilden, nur dann werden sie zum spürbaren Gegengewicht. Eine Woche lang jeden Tag den Epheserbrief zu lesen, mehrmals täglich ein Kapitel, das wäre zum Beispiel ein angemessener Vorschlag.
Zweitens: Bibellesen lenkt den Fokus weg vom Ich-Mir-Mein-Mich
Ein Großteil unseres Stresses kommt daher, dass wir nur bis zum eigenen Tellerrand sehen; und die eigene Welt war nunmal schon immer das Zentrum des Universums. Ausnahmslos jedes einzelne Mal, wenn ich bewusst die Bibel lese, werde ich eines anderen erinnert: Ich folge Jesus und Seiner Herrschaft, nicht mir selbst und auch nicht den Erwartungen anderer Menschen. Es geht um Gott und Seine Ehre, nicht meine eigene. Als Menschen brauchen wir diese permanente Erinnerung und Kurskorrektur. Sonst drehen wir uns nur sorgenvoll im Kreis. Stattdessen überlassen wir das Sorgen Ihm.
Drittens: Bibellesen zeigt, dass das Leben hart ist
In den Fleischwolf mit allen Formen des Wohlstandsevangeliums! Wieder und wieder höre ich westliche Christen glauben, dass Gott sie segnen wird, wenn sie nur alles “richtig” machen. Gott hat uns schon gesegnet, als wir noch alles falsch gemacht haben, Leute! Und Tatsache ist außerdem, das derjenige, der wirklich alles richtig macht, deutlich mehr Probleme am Hals haben wird als andere. Da lässt Ps 73 grüßen. Jesus übrigens auch. Viele Dinge sind uns versprochen in der Bibel, unter anderem Leid und Widerstand. Wenn’s also drunter und drüber geht, das Boot zu kentern droht und obendrein noch Gespenster am Horizont auftauchen, dann sind wir genau da, wo wir sein sollen. Mitten im wahren Leben. Ich halte das wirklich für eine aufbauende Erinnerung.
Viertens: Bibellesen zeigt, dass Gott gut ist
Ist es nicht eigenartig, dass tendenziell die Leidenden in Gott einen guten, tröstenden Vater finden, verwöhnte postmoderne hingegen einen harten Richter? Bibellesen hilft mir nicht nur, die Größe und Macht Gottes besser zu verstehen, vor allem sehe ich auch, dass Er der perfekte Papa ist. Ja, er schickt uns in den Sturm statt Schaukelstuhl, aber Er ist da, mitten drin, lässt uns nicht allein! Er deckt uns einen Tisch mitten im Sturm, eine Oase der Ruhe im Angesicht unserer nervigen Feinde und reicht uns ein randvolles Glas edelstem Wein. Solche Erlebnisse sind Gottesbeweise und machen uns kühn genug, unerschrocken wieder in den Sturm hinauszuziehen.
Die Bibel hilft uns, das Leben zu meistern. Sie ist ein Trainingsprogramm während des echten Laufes. Und wenn es dann so kommen sollte, dass sie dich mit allen möglichen Bequemlichkeiten zum Aufgeben verführen wollen, läufst du lächelnd und beherzt vorbei und denkst dir: “Den Siegerkranz, den will ich schon selbst entgegennehmen!” An diesem Punkt ist es extrem biblisch, Egoist zu sein.