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Unverhoffter Orkan. Es geht drunter und drüber. Das ist nicht die erste Welle, die uns tsunamimäßig fast über Bord spült. Kälte. Nässe. Panik. Verzweiflung. Dieses Gefühl der totalen Einsamkeit. Todesangst. Wenn’s so weitergeht, war’s das wohl. Wir werden ernsthaft mit dem Leben abschließen müssen, und zwar alle miteinander. Gott? Wir dachten, er hätte uns hierher geschickt. Wir haben an eine Berufung geglaubt. Jetzt weiß ich nicht, wo er ist. Schlummert er? Vielleicht ist er ja da, aber entweder kriegt er nichts mit, oder es interessiert ihn einfach nicht. Unser Leben wird gerade demontiert, wir sind in der Hölle, und keiner kriegt’s mit. Kein Mensch, kein Gott. Andererseits habe ich so viel mit ihm erlebt die letzte Zeit, ich will nicht so einfach glauben, dass er wirklich so gleichgültig und selbstvergessen ist. Warum lässt er das zu?! Ein letztes Mal erhebe ich ein verzweifeltes Geschrei und blöke ihn vorwurfsvoll an: “Merkst du eigentlich gar nichts, Jesus?! Ist dir echt alles scheißegal, was hier in unserem Leben abgeht?”

Bild: “Orkan auf der Nordsee” von Hubert Sattler (Wikipedia)

Dreimal kam ich diesen Monat in Gesprächen auf jene Geschichte aus Markus 4, 35-38 zu sprechen. Jedesmal völlig ungeplant. Wir kamen auf den Herrn zu sprechen, der uns mit voller Absicht in den Tornado schickt, uns aber bei Abreise geflissentlich im naiven Glauben einer stabilen Wetterlage lässt und uns vertrauen macht, er habe alles im Griff. Jesus – der dann selig schlummert, während unser Dasein fachgerecht zerlegt wird und wir es wie eine Feder machtlos geschehen lassen müssen. “Warum, Herr? Kümmerst du dich echt einen Dreck?” mögen wir ihn anbrüllen, genau wie die Jünger einst auf dem See Genezareth.

Ich finde die Reaktion Jesu hochinteressant. Gewiss, er stillt den Sturm auf beeindruckende Weise. Meistens konzentrieren wir uns ja auf diesen Teil der Geschichte: Jesus, der Sturmstiller. Doch die leisen Worte, die er daraufhin kopfschüttelnd, mit nassen Haaren und verständnislos erhobenen Händen aus der Stille des verstummten Sturms über die spiegelglatte See in die perplexe Gemeinschaft der Jünger spricht, müssen ein Donnerwetter gewesen sein, das selbst den gestillten Sturm verbleichen lässt: “Sagt mal, was war das denn jetzt? Was war das grad für ein Affentheater?! Merkt ihr eigentlich gar nichts?! Ich bin persönlich bei euch und ihr scheißt euch in die Hose, wenn’s mal etwas zugig wird und es nicht nach eurer Nase geht? Habt ihr echt immer noch nicht kapiert: Meine Gegenwart ist mehr als genug!” Ich kann mir Jesus gut vorstellen, wie er leicht augenrollend die Jünger nachmacht: “Ihr jammert: ‘Herr! Warum lässt du das zu? Warum intressierst du dich nicht?’ Ich frage euch: Warum lasst ihr das denn zu? Warum lässt du in deinem Herzen zu, dass Angst dich lähmt und Panik dich bestimmt? Warum nur? Ok, dieses Mal hab ich den Sturm gestillt, damit ihr endlich kapiert, dass mir nichts, gar nichts unmöglich ist. Das nächste Mal heißt es aber: Meine Gegenwart ist genug, egal wie hoch die Wellen schlagen. Klaro?!”

Tja, der Herr ist einfach nicht nur gut. Er ist auch gut darin, den Spieß umzudrehen…

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marcusis@icloud.com

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