“Hey, du bist doch Christ! Was würdest du zu diesem Thema predigen?!” Plötzlich und unerwartet wird man mitten im Leben auf seinen Glauben angesprochen. Und ganz wie im Film verstummt urplötzlich die Musik, alle Köpfe wenden sich einem zu, Licht aus, Spot an, totale Stille, alles wartet auf deine galante Präsentation. Oder Blamage. Denn erstens bist du weder vorbereitet und zweitens ist genau das die Situation, die du eigentlich immer vermeiden wolltest.
So fühlt’s sich manchmal an, nicht wahr? Ich jedenfalls weiß genau, wie sich die kalten Schweißausbrüche anfühlen, die sich dann gerne aus allen Poren ergießen. Wie teilt man seinen Glauben mit Leuten, die vermutlich nicht die geringste Vorstellung davon, was Jesus einem bedeuten kann? Die schlechte Nachricht ist, dass man nie wissen kann, welchen Verlauf ein Gespräch nimmt, wie Gesprächspartner reagieren und welche Gefühle man in ihnen auslöst. Die gute Nachricht ist, man kann sich trotzdem vorbereiten. Indem man bewusst ein missionales Leben führt. Jeder kann es, und wer es nicht kann, der kann es lernen. Dazu habe ich ein paar einfache Grundsätze zusammengestellt.
1. Bau Vertrauen auf
Missional ist Beziehung. Vertrauen ist das Allerheiligste im missionalen Dienst – sowohl zu Gott als auch zu Mitmenschen. Man kann nicht Freund mit der ganzen Welt sein, doch zu ein paar wenigen geht. Wähle zwei oder drei aus, mit denen du sowieso in Kontakt stehst, von denen du aber annimmst, dass sie deinen Glauben nicht teilen. Das können Kollegen, Nachbarn oder Verwandte sein. Dein erklärtes Ziel ist NICHT, Glaubensgespräche zu führen, sondern Vertrauen aufzubauen. Sei proaktiv, aber übertreib’s nicht. Zehntausend kleine Schrittchen führen viel weiter als zehn Sprünge mit Anlauf. Nicht vergessen: Diese Leute werden deine Lehrer sein, nicht umgekehrt. Willst du den Umgang mit Muslimen lernen, sollte mindestens einer überzeugter Moslem sein.
2. Bleib entspannt
Du bist nicht der einzige Mensch auf der Welt, der mit Minderwertigkeitskomplexen kämpft und sich unterlegen fühlt. Wenn Du davon ausgehst, dass deine Gegenüber mit mehr oder weniger ähnlich destruktiven Gefühlen zu kämpfen haben, liegst du wahrscheinlich in neun von zehn Fällen richtig. So einiges, was du als prokokativen Angriff erlebt hast, kann in Wahrheit ein unbeholfener Hilfeschrei gewesen sein. Wenn du dir nicht sicher bist, sei im Zweifel für den Angeklagten. Wenn du davon ausgehst, dass ihr beide im selben Gefühlsboot schaukelt, fällt es viel leichter, locker und leger zu bleiben. Das entspannt den Geist. Und eine entkrampfte Seele kommuniziert natürlicher.
3. Habt Freude am Leben
Beziehung baut sich vor allem durch gemeinsame Erinnerungen auf. Je mehr man gemeinsan macht, desto stärker wird sie. Es gibt Dinge, die addieren zur Beziehung, wie zum Beispiel 40 Stunden wöchentlich am gleichen Arbeitsplatz. Und es gibt Dinge, die multiplizieren. Zum Beispiel der Spaßfaktor einer gemeinsamen Unternehmung. Doch es gibt auch Dinge, die exponenzieren. Das können unbedeutende Kleinigkeiten sein, solange sie ein Beweis für echte Liebe und ungeheucheltes Interesse sind. Ein gekritzeltes Symbol, das nur ihr versteht. Eine Karte. Die Begleitung zum Gerichtssaal. Ein Babysitterdienst. Alles, was Liebe und eine positive, hoffnungsvolle Einstellung zum Leben zeigt, ist gewollt und hat Priorität.
4. Sei offen
Das ist Teil zwei von “Bau Vertrauen auf”. Teile mit, was dich bewegt, wo der Schuh drückt. Du musst der erste sein, der Vertrauen beweist und sich öffnet. Du kannst nicht erwarten, dass andere von sich erzählen, während dein Herz ein Tresor mit Blumenkästen dran ist. Doch gerade beim Thema Offenheit gilt: Weniger ist mehr. Hundert kleine Geheimnisse, über mehrere Jahre zur rechten Zeit angemessen offenbart, bringen dich um Lichtjahre weiter als ein vollständiger Seelenstriptease. Der irritiert nur jeden und überfordert beide Seiten.
5. Füll deinen Alltag mit Christus
Klingt logisch, ist es aber nicht. Säkularisierung ist eine schiefe Ebene, sagt Magnus Malm: Man droht ständig abzurutschen. Um eben nicht abzugleiten müssen wir uns permanent aktiv ganz nahe an Christus halten. Christus kennen heißt Christus nachfolgen, und Nachfolge ist voller Überasschungen. Man weiß nie, was der Herr heute wieder im Schilde führt und um welche Ecken wir heute mit ihm herumschleichen. So ging es schon den Jüngern in den Evangelien, in der Apostelgeschichte, so geht es uns heute. Geht es dir nicht so, solltest du dich fragen, ob Christus vielleicht dich meinte, als er Matthäus 7,22 sprach. Wenn du aber weißt, deinen Alltag mit Christus zu füllen, dann bist du schon ein Zeugnis, ohne ein einziges Wort gesagt und ohne es selbst bemerkt zu haben. Dann strahlt Christus in und aus dir. Der Rest geht fast schon automatisch.
6. Finde regelmäßige Routinen
Finde tägliche, wöchentliche, monatliche und jährliche Ordnungen, die dein Glaubensleben unterstützen. Stundengebet, Danksagung vor den Mahlzeiten, Bibelstunde, Fastentage, Konferenzen oder Freizeiten – alles, was deiner Seele dient, ist gut. Nicht nur für dich, sondern auch für jene, die dich kennen und beobachten. Du wirst heute kaum jemand finden, der sich über solche Routinen lustig macht. Im Gegenteil, du darfst stolz auf sie sein und sie werden wunderbare Gesprächseinstiege ermöglichen. Denn alle Menschen sehnen sich nach Halt, Sicherheit, Leben und gesunder Spiritualität.
7. Sei dankbar
Schon mal in Afrika gewesen? Was Europäer dort am meisten beeindruckt: Die haben nix und sind doch glücklich. Wir hingegen haben alles und motzen trotzdem. Lerne dankbar zu sein. Sei dankbar für jeden Furz, den du lassen darfst. Stell dir einen Tag lang vor, dass du morgen nur das besitzen wirst, wofür du heute danke gesagt hast. Dankbare Menschen sind positive Menschen. Positive Menschen sind attraktive und anziehende Wesen – vor allem, wenn es genuin ist. Sei dankbar für deine zwei oder drei Kontakte – und zwar im Innersten deines Herzens. Dann wird die Dankbarkeit herausleuchten und du brauchst gar nichts zu schauspielern.
Wer es schafft, so zu leben, ist bestens gerüstet zum Alltagsmissionar. Immer und immer wieder wird man sich in Glaubensgesprächen wiederfinden. Plötzlich sind die gar nicht mehr peinlich, sondern gefüllt von gegenseitigem Interesse. Und damit man auf das missionale Gespräch auch gut vorbereitet ist, werde ich dazu bald auch ein paar einfache Grundsätze niederschreiben.
Bis dahin: Viel Erfolg!